26. April 2017

Oh Frühling was machst du bloss?

Lieber Frühling, ich fand es ja echt toll, wie du dich schon vor einem Monat angekündigt hast und uns ein paar schön warme Tage beschert hast. Aber doch hat es jetzt wieder geschneit, die Temperaturen sind gesunken und du verschwunden. Alle schieben es immer wie gewohnt auf den April: "Man wisse nie, was für einen Wetterlage draussen herrsche." Man nimmt schlicht mal Sonnencreme, Regenjacke, Handschuhe, Gummistiefel oder Schneeschuhe, Jeansjacke mit und irgendwas passt dann schon zum Wetter. Aber die Wiesen werden dennoch grüner und überall, wirklich überall im Wald sieht man Buschwindröschen. Einer aus meiner Klasse ist aufgefallen, dass ich gut zu Ostern passe da Osterglocke auf Schwedisch "Påsklilja" (wörtlich übersetzt Osterlilie) heisst und man diese Blumen nun überall sieht und dass wiederum fanden alle sehr witzig. 



Endlich hatten wir wieder einen Event mit AFS Skåne. Und wie schon einmal konnte meine Gastfamilie nicht mit kommen, doch meine Kontaktpersonen begleiteten mich netterweise. Da ich einige schon mega lange nicht mehr gesehen habe, war das Wiedersehen natürlich laut und emotional. Als ich Aimée aus Deutschland sah, musste ich einfach weinen, weil ich so glücklich war, sie zu sehen, weil das Austauschleben manchmal sehr belastend und einsam ist, weil ich bei ihr einfach total ich selber sein kann. Natürlich bin ich nicht ein anderer Mensch in der Schule oder bei meiner Gastfamilie, aber da schaut man ja schon, dass man nichts Falsches sagt oder macht. 
Es war ein internationales Buffet und jeder musste sein Land mit einer Mahlzeit und einer Art von Präsentation repräsentieren. Ich buk ein einen Zopf, nahm ein wenig Schweizer Schokolade mit und gab "s'Zundhölzli" auf der Ukulele zum Besten. Zurück fuhren wir der Küste entlang und da zeigten meine Kontaktpersonen mir einige wunderschöne Stellen.


Wenn Lilja mit Aimée ist
Über Ostern kam Sofia, die andere Schweizer Austauschschülerin zu mir in den Süden und es war sehr schön wieder ein bisschen Schweiz um mich zu haben. Wir bemerkten aneinander die Schweizer Höflichkeit und unser Bünzli-Benehmen, die hier in Schweden wegen der Anpassung zum Teil verloren gingen. Es war, als wäre die Schweiz höchstpersönlich zu Besuch. Endlich konnte ich mich mal über Schweizer Politik und andere nationale Themen mit jemandem austauschen. Natürlich schätze ich sie auch als Person sehr und sie ist einfach eine der zu netten und hilfsbereiten Menschen. Sie hat mir unteranderem einen Quittengelee und einen Osterhasen gebracht. Jö.


Als wir an einem sonnigen Nachmittag meine Gasteltern bei den Renovierungsarbeiten in ihrem kleinen Haus besuchten, waren auch gleich noch ihre Freunden aus Uppsala dort und die waren sehr interessiert an all dem Austauschzeugs. "Deine Gastfamilie wird also nicht bezahlt, dass du ein ganzes Jahr bei ihnen wohnst. Du teilst deine Kultur mit ihnen und im Gegenzug geben sie dir Essen?". Ja, so kann man das sehen. Immer sehr schön, wenn jemand ein solches Interesse für unser Jahr zeigt und Sofia und ich waren sehr willig, ihnen es ein bisschen näher zu bringen. In diesen Momenten wird einem wieder bewusst, wieso man diesen Austausch macht.


Was ist schwedischer als die Ikea? Scheint schon fast wie ein Muss, dass man die allererste Ikea der Welt in Älmhult besucht. Es gibt sogar ein Museum. Alle Schweden lachen mich jetzt sicher aus, wenn ich sage, dass ich da war. Für die ist das überhaupt kein "Big Deal", für mich auch nicht, aber es war trotzdem cool. Und wenn es den ganzen Tag regnet und man nicht wie geplant nach Helsingborg kann, war es ein guter Zeitvertreib. Ich wette wenige von euch wissen, wie sich die Buchstaben von Ikea zusammenstellen oder wieso jeder Gegenstand einen mehr oder weniger komischen Name hat und nicht lediglich eine Nummer.




Das Spiel Kubb, welches oft auch Schwedenschach genannt wird, ist auch in meiner Familie in der Schweiz sehr beliebt, doch hier in Schweden natürlich noch mehr. Es gehört unteranderem auch zum Mittsommer und deshalb "trainiert" meine Gastfamilie schon jetzt. Das Schöne daran, dass oft einfach noch einige unserer Nachbaren rauskommen und sich dazu gesellen. So entstehen spannende Spiele wie Eltern gegen Kinder oder auch familienweise Teams. Über eine Niederlage seiner Seite wird man natürlich Wochen lang erinnert und schön damit aufgezogen.

Das Siegerteam mit Photobomb vom Verlierer
Unser Theater ist nun vollem Gang, am Montag hatten wir unsere Generalprobe und morgen dann endlich Premiere. Kostüme, Bühnenbild, Licht und vor allem die Texte wurden sorgfältig gewählt durch und durch geprobt bis wir zufrieden waren. Und doch kommen stets neue Ideen dazu, coole Dialoge, die man noch einbauen könnte. Aber irgendwo muss man dann auch mal stoppen und sich auf das Geprobte beschränken.
Obwohl es ein sehr intensive Zeit wird und ich fast nicht nach Hause komme. Als ich jünger war, war ich schon in einigen Inszenierungen dabei war und Theater hat mich stets interessiert, dennoch verschwand es in den letzten Jahren von meiner Bildfläche. Aber nun habe ich wieder ganz viel Theaterluft geschnuppert und das Gefühl, wenn man vor einer Premiere steht ist so toll, dass ich versuchen möchte, in der Schweiz damit fortzusetzen. Wahrscheinlich werde ich gar keine Zeit dafür finden, aber man kann sich das Ziel ja mal setzen. 

Bald steure ich auf die letzten zwei Monate zu und ich habe bereits Angst, dass ich nicht alles, was ich noch erleben möchte, schaffen werde. Geplant sind noch ein kurzer Trip in die Hauptstadt für ein Konzert von Shawn Mendes mit meiner Gastschwester und noch einmal Göteborg. Ansonsten gestalte ich alles noch ein wenig rundherum. Am 1. Juli werde ich meine Gastfamilie verlassen und nach zwei Tagen in Sigtuna im AFS-Abschlusscamp gehts dann zurück in die Schweiz. Ich möchte nicht daran denken, dass das Ganze bald zu Ende ist und ich mein ganzes Leben, dass ich mir hier aufgebaut habe, zurücklassen muss.

3. April 2017

3 månader kvar - 3 Monate übrig

Pünktlich zu meinem "Hilfe mir bleiben nur noch 3 Monate" kommen endlich wieder ein bisschen News aus Schweden. Weil ich jetzt so in meinem schwedischen Leben drin bin, mit Schule, Musik, Theater, Freunde- und Familienzeit und nicht zu Letzt dem Entdecken von Schweden, finde ich immer weniger Zeit, zu schreiben und ganz ehrlich schwindet auch die Motivation ein wenig.
Meine Kniegeschichte ist zum Glück ziemlich gut verlaufen. Aber ob das Kreuzband nun gerissen oder bloss angerissen ist, weiss ich immer noch nicht. Ich habe beides von Ärzten gehört. Nun muss ich zu einem Physiotherapeuten gehen, der mir hilft, das Bein und vor allem die Muskeln um meine Verletzung zu trainieren, damit ich bald wieder fit bin. Die Tatsache, dass ich für sicher zwei Monate keinen Sport machen (ausser Beintraining) machen darf, hat mir einen dicken Strich durch die Rechnung gezogen. Die Orientierungssaison hat vor einigen Wochen erneut begonnen und meine Gastfamilie springt schon fleissig durch die Wälder. Ich wäre so gerne auch dabei. Diesen Sport habe ich ja hier in Schweden entdeckt und so eine Möglichkeit mit Trainings, Wettkämpfen und vor allem meiner OL-liebenden Gastfamilie bietet sich nicht mehr so schnell zu Hause. Ich hätte es toll gefunden, wenn ich noch mehr darüber lernen gekonnt hätte. Meine Gastmutter versucht mich damit aufzumuntern, dass man ja auch laufen kann mit der Karte, aber das Feeling kommt bei mir nicht wirklich an. Ich müsse jetzt halt einfach ganz fleissig trainieren, damit ich bald wieder durch die Wälder rennen könne, sagt sie. 
Was ich natürlich auch tue. Jeden Tag mache ich langweilige Knieübungen, die zum Teil daraus bestehen, Treppe zu laufen oder von einem Stuhl aufzustehen und sich danach wieder hinzusetzen. Aber ich darf wieder Fahrrad fahren, was das Leben um einiges mobiler macht. Ich bin endlich nicht mehr so abhängig von den Buszeiten oder meinen Gasteltern. Als ich das hörte ging ich noch am gleichen Tag auf die Strasse und raste (vorsichtig natürlich) durch die schöne sonnige Landschaft.



Ich bin euch ja noch ein paar Bilder vom (missglückten) Skifahren schuldig. 



Im Moment unternehme ich viel mit meinen Freunden aus der Parallelklasse. Ich habe sogar mal schweizerisch gekocht für sie. Leider fand ich hier in Schweden keinen feinen Bergkäse und musste so geschmacklosen Weichkäse verwenden. Deshalb konnte ich zu meiner Verteidigung meine Kochkünste nicht total ausschöpfen, aber sie fanden es anscheinend doch ganz gut und es gab fast keine Resten.


Ihre ängstlichen Blicke bevor sie Älplermagronen probieren mussten
Sie haben es sich auch ein bisschen zum Ziel gesetzt, sich so oft wie möglich zu treffen, bevor ich in 3 Monaten wieder nach Hause fliege. Ich weiss jetzt schon, dass ich sie vermissen werde. Nochmals mit den Leuten aus meiner Klasse zu machen, habe ich langsam aufgegeben. Die sind immer mit Training, Wettkämpfen oder Schulsachen beschäftigt.

Emilia hat seit einem Monat die Autoprüfung, was wir natürlich gerne ein bisschen ausnutzen. Ob es nun mal eine Fahrt Jämshög ist, um mein Cello zu holen in einer Zwischenstunde oder einfach ein bisschen das "Roadtrip"-Feeling zu geniessen. Ich darf meistens vorne sitzen, da ich anscheinend einen guten Musikgeschmack habe. Ansonsten giltet die Regel, dass der, der das Auto zuerst sieht und "Shotgun" ruft, auf den Beifahrersitz darf und die Macht über die Musik hat. So läuft bei uns oft schwedische Klassiker oder "Booty Swing".


À la "wir bleiben wach, bis die Wolken wieder lila sind"

Fast gleichzeitig wie in der Schweiz kam bei uns der Frühling mit der Sonne, Blumen und dem Gezschwitscher der Vögel. Da Olofström lediglich 20 km vom Meer entfernt liegt, hört und sieht man nun auch wieder die Möwen. Mich fasziniert es jedes Jahr, wie alles wieder erwacht und den kalten Winter hinter sich lässt. Man merkt es auch bei den Schweden. Alle kommen aus ihren Häuserhöhlen raus und werden wieder aktiver und irgendwie auch sozialer. Es wird mehr gespasst, gelacht und wenn die Sonne scheint, haben einfach alle eine gute Zeit. Was mir gerade wieder auffiel ist, dass niemand "Gesundheit" sagt, wenn jemand niest. In so Sachen sind Schweden ein kleines Mysterium. Ich sage es dann immer extra ganz laut ;)

Mit meinem Orchester in Karlshamn haben wir in einem Monat ein Konzert, wo wir Wiener Musik spielen, weshalb wir das vergangene Wochenende sehr intensiv geprobt haben. 
Auch mit dem Theater geht es nun vorwärts und wir nähern uns der Premiere ende April. Ob wir das wirklich auf die Reihe kriegen, ist eine andere Sache. Niemand kann den Text und manchmal kommt nur etwa die Hälfte zu den Proben. Aber wir sind immer noch motiviert und arbeitet nun auch an Bühnenbild, Kostüm etc.


Gestern Abend habe ich mir alleine ein Cello Konzert in Olofström gegönnt. Einfach, weil es gratis für Jugendliche war. Das ältere Paar, welches da mithilft und solche Evente organisiert und welches ich auch kenne, war so glücklich, dass ich kam, dass sie mich sogar zu Fika (Tee und Kuchen) einluden während dem Konzert. Mit dem Cello-Solist, der zur Zeit in Lugano studiert, habe ich über die Berge und das Oboe Spielen diskutiert. 
Ich würde sagen, ich setzte meinen Vorsatz, jede Chance zu packen und meinen Austausch auszunutzen, richtig um und ein solcher Abend motiviert mich zu mehr von diesen Spontan-Aktionen. Und wenn ich diese erlebt habe, habe ich auch ein bisschen mehr Lust, davon auf meinem Blog zu berichten. Also: Hej då så länge!